Die Palmölindustrie – lange hatte ich damit nur negative Bilder im Kopf: riesige, gierige Konzerne, die Profit über Umwelt und indigene Bevölkerungsgruppen stellen. Jeder kennt die Fotos: unendlich scheinende Plantagen, Bulldozer, die sich gnadenlos durch den Regenwald fressen, als wäre es der heimische Rasen, und bedrohte Arten, die ihren Lebensraum verlieren.
Wie können Unternehmen nur so rücksichtslos sein und den Regenwald, dieses kostbare Geschenk unseres Planeten, roden, nur um Platz für noch mehr Plantagen zu schaffen?
Aber seien Sie ehrlich: Ist unsere Welt nicht komplexer?
Irgendwann wurde mir klar: Es ist einfach, den gesamten sozialen und ökologischen Schaden der Palmölindustrie allein den beteiligten Unternehmen anzulasten. Doch die Geschichte hat mehr Seiten. Es geht nicht darum, was Unternehmen tun, sondern wie sie es tun. Und tatsächlich sind es wir Verbraucher, die den entscheidenden Einfluss darauf haben, wie Unternehmen Palmöl beziehen. Jeder von uns nutzt massenhaft Produkte, die Palmöl enthalten: Es steckt in alltäglichen Dingen wie Lippenstift, Pizzateig, Fertig Nudeln, Shampoo, Eiscreme, Waschmittel, Margarine, Schokolade, Keksen, Biodiesel, Seife und abgepacktem Brot (sagen Sie jetzt nicht, Sie essen keine Pizza!).
Das bedeutet, dass wir als Verbraucher bestimmen, wie Unternehmen Palmöl beziehen. Aber wie genau? Und welcher Anreiz besteht für die Unternehmen?
Viele Verbraucher haben mittlerweile erkannt: Um den Wandel in Richtung Nachhaltigkeit zu schaffen, müssen sie selbst ihr Kaufverhalten ändern. Deshalb achten Verbraucher heute beim Kauf verstärkt auf Zertifikate, die eine nachhaltige Beschaffung der Inhaltsstoffe garantieren. Das führt nicht nur zu einer höheren Nachfrage nach nachhaltigen Produkten, sondern ermöglicht es den Unternehmen auch, für diese Produkte einen Preisaufschlag zu verlangen. Folglich haben Unternehmen, die es schaffen, wirklich nachhaltig zu werden, einen Wettbewerbsvorteil, der in Zukunft noch zunehmen wird (wie Stuart Harts wegweisendes Buch "Capitalism at the Crossroads" anschaulich zeigt).
Warum die Betonung auf "wirklich nachhaltig"?
Nachhaltigkeit ist ein so inflationär verwendeter Begriff geworden, dass die Ergänzung mit "wirklich" nötig ist, um Geschäftspraktiken zu kennzeichnen, die über Greenwashing hinausgehen. Nur darüber zu reden und zu schreiben, wie nachhaltig Ihr Unternehmen ist, ohne Beweise zu liefern, verschafft Ihnen keinen Vorteil mehr. Um jedoch die echte Nachhaltigkeit Ihres Produkts zu belegen, müssen Sie auch nachweisen, dass jeder einzelne Inhaltsstoff nachhaltig beschafft wurde. Die Rückverfolgung der Herkunft jeder Zutat und jedes Materials für jede produzierte Einheit ist Voraussetzung für eine glaubwürdige Nachhaltigkeitszertifizierung.